Im Iran gab es Palmen, auf der Krim waren Palmen,
und in Berlin wird es “Пальма” geben.
(Lawrentij P. Berija, 3. Juli 1945[1])

Am 6. Juni 1945, 18 Uhr, trafen sich Josif W. Stalin, Vorsitzender des Rates der Volkskommissare und oberster Befehlshaber der Roten Armee, und der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR, Wjatscheslaw M. Molotow, mit Harry L. Hopkins, Sondergesandter des US-Präsidenten Harry S. Truman, und der Botschafter der USA in der UdSSR,  William A. Harriman im Kreml.  Mit dabei waren auch die Dolmetscher beider Seiten, Wladimir N. Pawlow und Charles Bohlen. Es war ihr, in diesem Kreis im Verlauf weniger Tage geführtes, sechstes und letztes Gespräch. Wichtiges Ergebnis: Die Bestätigung des Termins für den Beginn der Konferenz der Großen Drei: der 15. Juli 1945.[2]Dass es eine derartige Beratung geben sollte – ein Wunsch von Winston Churchill, dem sich der neue US-Präsident Truman anschloss – war bereits seit der letzten Mai-Woche klar und auch über die Orte der Durchführung der Beratungen sowie der Unterbringung der Delegationen herrschte weitgehend Klarheit. Georgi K. Shukow, Oberkommandierender der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, schrieb in seinen Memoiren:

Ende Mai 1945 kündigte J. W. Stalin in einem Gespräch mit mir an, daß Harry Hopkins, ein Vertrauter des US-Präsidenten, mich auf der Durchreise in Berlin kennenlernen und sprechen wollte. Ich kannte Hopkins nicht persönlich. Er war aber, wie Stalin sagte, eine hervorragende Persönlichkeit. Hopkins hatte viel für die Festigung der wirtschaftlichen Beziehungen der USA zur Sowjetunion getan. … An dem Gespräch beteiligte sich Wyschinski. Wir luden das Ehepaar zum Kaffee ein. Hopkins sagte, er sei in Moskau bei Stalin gewesen, um Fragen der bevorstehenden Gipfelkonferenz zu regeln. „Churchill besteht darauf, die Konferenz für den fünfzehnten Juni nach Berlin einzuberufen“, sagte Hopkins, „wir werden bis dahin aber noch nicht bereit sein, an einer so verantwortungsvollen Konferenz teilzunehmen. Unser Präsident hat vorgeschlagen, die Konferenz auf den fünfzehnten Juli anzusetzen. Wir sind sehr erfreut, daß Herr Stalin mit unserem Vorschlag einverstanden ist.“[3]

Hopkins selbst hatte Winston Churchill in kurzer Form vorab über seinen Zwischenstopp in Berlin informiert:

Ich verlasse Moskau am Morgen. Ich werde ein bisschen Sightseeing in Berlin machen, dann nach Hause.[4]

Hopkins war vermutlich am 7. Juni bei Shukow. Wenig später erhielt dieser erneut Besuch, aus Moskau:

Bald darauf trafen bei uns Generäle des Staatssicherheitsdienstes und Mitarbeiter des Volkskommissariats für Auswärtige Angelegenheiten ein, um die Konferenz vorzubereiten. Ich erklärte ihnen, daß Berlin keine geeigneten Voraussetzungen für eine Gipfelkonferenz habe. Ich schlug ihnen vor, sich Potsdam und Babelsberg anzusehen. Potsdam war ebenfalls stark zerstört, so daß es schwierig gewesen wäre, die Delegationen dort unterzubringen. Das einzige erhaltengebliebene große Gebäude war Schloß Cecilienhof. Dort gab es Raum genug für Sitzungen und für die Arbeit der zahlreichen Experten und Berater. Für die Einquartierung der Delegationsleiter, der Außenminister, der Hauptberater und -experten eignete sich der Vorort Babelsberg, den der Krieg fast unbehelligt gelassen hatte. In Babelsberg hatten vor dem Kriege höchste Regierungsbeamte, Generale und Nazis gewohnt. Der Ort bestand aus zahlreichen zweigeschossigen Villen, die in Grün gebettet waren. Moskau stimmte unserem Vorschlag zu, die Konferenz in Potsdam vorzubereiten. Die Engländer und die Amerikaner gaben ebenfalls ihr Einverständnis.[5]

Stalin und Molotow waren sehr gut vorbereitet, was das Thema der Konferenz der Großen Drei anbelangte, als sie am 6. Juni mit Hopkins und Harriman sprachen. Sie ließen sich das aber nicht anmerken. Denn bereits am 28. Mai 1945 sollen grundlegende Fragen geklärt worden sein, nachdem ihnen bekannt war, dass die Sowjetunion von Churchill und Truman auserkoren wurde, die Gastgeberrolle übernehmen zu müssen.
Am 28. Mai 1945 hatten sich im Büro Stalins, in dem sich bereits Lawrentij P. Berija, Volkskommissar für Innere Angelegenheiten,  befand, der stellvertretende Volkskommissar für Innere Angelegenheiten, Kommissar für Staatssicherheit des 2. Ranges, Sergej N. Kruglow, und der stellvertretende Leiter der 6. Direktion des NKGB (Regierungssicherheit) und Chef von Stalins Leibgarde, Kommissar für Staatssicherheit des 3. Ranges, Nikolai S. Wlasik eingefunden. Das Briefing dauerte nach den Einträgen im Besucher-Tagebuch Stalins genau fünf Minuten. Alle mit der Vorbereitung und Durchführung der Konferenz verbundenen organisatorischen Maßnahmen wurden mit dem Codewort „Операция Пальма“ (Operation „Palme“) bezeichnet und Kruglow gemeinsam mit Wlasik zu den Hauptverantwortlichen für die Umsetzung derselben ernannt. Am Nachmittag des 29. Mai trafen beide in Berlin ein und verschafften sich einen ersten Überblick über die Situation. Nach Moskau meldeten sie, dass die Eisenbahnverbindung bis Berlin am 4. Juni wiederhergestellt sei. Schwieriger wäre es jedoch, einen geeigneten Ort für die Konferenz zu finden.[6]

Vermutlich nach dem Gespräch mit Hopkins und Harriman entstand der Befehl des NKWD[7] der UdSSR vom 6. Juni 1945 „Об  обеспечении специальных мероприятий по объектам «Пальма»“ (deutsch: Über die Sicherstellung besonderer Maßnahmen für die Objekte “Palme“). Darin war unter anderem die personelle Verantwortung für die Vorbereitung der Konferenz festgelegt worden.

Ganz oben in der Hierarchie standen J. W. Stalin und Außenminister W. M. Molotow. Dann folgten Lawrenti P. Berija, Volkskommissar für Innere Angelegenheiten und der Chef von Stalins Leibwache Nikolai S. Wlasik, Erster Stellvertreter des Chefs der 6. Verwaltung des NKWD der UdSSR, Kommissar für Staatssicherheit 3. Ranges. Die Aufsicht in Deutschland hatte, als offizieller Vertreter Stalins und Molotows, der stellvertretende Außenminister der UdSSR, Andrej J. Wyschinski. Als einziger Zivilist war er am 9. Mai 1945 dabei, als in Berlin-Karlshorst die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands unterzeichnet wurde. Auch in der Folgezeit war er stets präsent und überwachte die Handlungen der Militärs.[8]
Der Stab für die Organisation und Durchführung der Maßnahmen der Operation „Palme“[9] vor Ort bestand vor allem aus Personen des dem Innenministerium, damit Berija, unterstehenden Sicherheitsapparates. Aus dem:
Stellvertreter des Volkskommissars für Innere Angelegenheiten, Kommissar für Staatssicherheit 2. Ranges[10], Sergej N. Kruglow[11];
Stellvertreter des Volkskommissars für Innere Angelegenheiten, Kommissar für Staatssicherheit 2. Ranges, Iwan A. Serow[12];
Ersten Stellvertreter des Chefs der 6. Verwaltung des NKWD der UdSSR, Kommissar für Staatssicherheit 3. Ranges, Nikolai Wlasik.[13]
Die Aufgabe der praktischen Umsetzung der Maßnahmen fiel in die Verantwortung der Militärs. Und zwar in die der im Raum Berlin befindlichen 1. Belorussischen Front. Als Oberbefehlshaber der Roten Armee hatte Stalin auch hier das Sagen. Ihm unterstand Marschall Shukow, zunächst Oberbefehlshaber der 1. Belorussischen Front, ab 9. Juni 1945 Oberbefehlshaber der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (GSBT) und Oberster Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Unterstützt wurde Shukow von den Mitgliedern seines Frontstabes, die ab 9. Juni überwiegend das Oberkommando bildeten.
Der Sitz des Oberkommandos der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland befand sich in Neubabelsberg, im ehemaligen Sitz des Präsidiums des Deutschen Roten Kreuzes, heute August-Bebel-Straße 89.[14] Am 26. April 1945 war das DRK-Gelände von sowjetischen Truppen besetzt worden. Elitesoldaten sicherten es. Es ist davon auszugehen, dass Shukow das Areal mit seinem Stab in Verbindung mit der Konkretisierung der Planungen für die Drei-Mächte-Konferenz bezog, also in der letzten Mai-Woche 1945. Ab 10. Juni 1945 war es offiziell der Sitz des GSBT-Oberkommandos. In einer Studie der Universität Potsdam heißt es, dass „sich im Hauptquartier etwa 8.000 Mann“ befanden.[15] Das bezieht sich vermutlich nicht allein auf das ehemalige DRK-Gelände, mit Präsidiumssitz und DRK-Hauptlager, sondern hier müssen auch die Truppenteile mit einberechnet worden sein, die sich auf anderen Arealen des Sperrgebiets Neubabelsberg befanden, u.a. auf dem vormaligen UFA-Gelände.

Bis zum 17. Juni wussten Churchill und Truman lediglich, dass die „Dreier-Konferenz“ in Berlin bzw. in dessen Umgebung stattfinden sollte. Aber die genauen Orte für die Tagung und für die Unterbringung der Delegationen waren ihnen nicht bekannt. Deshalb schrieb Churchill am 17. Juni 1945 an Stalin:

1. Es ist äußerst wichtig, dass der genaue Ort der bevorstehenden Konferenz so bald wie möglich festgelegt wird, da viele Vorarbeiten erforderlich sein werden.

2. Ich bin fest davon überzeugt, und bin mir sicher, sie stimmen mir zu, dass bei dieser Gelegenheit die russische, die amerikanische und die britische Delegation jeweils getrennte Enklaven haben und dass sie selbst Vorkehrungen für Unterkunft, Verpflegung, Transport, Bewachung und Kommunikation treffen sollten usw. Ich schlage vor, dass es einen vierten Ort geben sollte, an dem sich die drei Delegationen treffen könnten, um zu beraten. Es wäre sehr zu schätzen, wenn die Sowjetregierung Vorkehrungen für diesen gemeinsamen Treffpunkt treffen würde.

3. Präsident Truman ist völlig einverstanden mit dem obigen Vorschlag.

4. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir so bald wie möglich mitteilen würden, welches Gebiet in der Nähe Berlins Sie für die Konferenz vorschlagen und welche genauen Orte innerhalb dieses Gebiets für die Zuweisung an die sowjetische, die amerikanische und die britische Delegation. Nach Eingang Ihrer Antwort würde ich Feldmarschall Montgomery umgehend anweisen, in Absprache mit Marschall Schukow und General Eisenhower eine Vorauspartei zu entsenden, um alle Vorkehrungen für die britische Delegation zu treffen.

5. Ich hoffe, dass auch berücksichtigt wird, dass wir einen Flugplatz in der Nähe unseres Delegationsbereichs benötigen. Wir könnten uns mit den Amerikanern, wenn es Ihnen passt, einen Flugplatz teilen.[16]

Am 21. Juni 1945 erfuhren die alliierten Staatsoberhäupter Genaueres. In einem Gespräch in der Moskauer Botschaft der USA mit deren Erstem Sekretär, Edward Page Jr.[17], informierte der stellvertretende Außenminister der UdSSR, Andrej J. Wyschinski, über die Orte für die Unterbringung der Delegationen und für die Durchführung der Konferenz:

Mr. Vyshinski teilte mit, dass er noch keine endgültige Information geben könne. Jedoch war vorgeschlagen worden, wie bei der Krim-Konferenz, jeder Delegation eine besondere Zone zuzuweisen. Da Berlin völlig zerstört sei, habe man beschlossen, die Konferenz in Babelsberg bei Potsdam abzuhalten. Die Konferenz selbst würde im Palast des Kronprinzen tagen.[18]

Minensuche im Schloss Cecilienhof und im Neuen Garten

Damit waren Shukow und sein Stab nun auch offiziell gefordert, die Arbeiten für die Vorbereitung der Konferenz rechtzeitig zu einem Ende zu bringen. Vorarbeiten hatten sie bereits geleistet, dennoch war noch einiges zu tun:

In fieberhafter Eile wurden nun Gelände, Gebäude, An- und Abfahrtswege gebührend vorbereitet. Für diese Arbeiten mußten zahlreiche Abteilungen und Kommandos der Pioniertruppen bereitgestellt werden. Es wurde beinahe nahezu ununterbrochen Tag und Nacht gearbeitet. Bis zum 10. Juli waren sämtliche Arbeiten abgeschlossen, auch die Herrichtung der Räumlichkeiten ging zu Ende. Es muß dem Personal der Rückwärtigen Dienste der Front hoch angerechnet werden, daß es binnen kurzer Zeit ein kolossales Pensum bewältigt hat. Besonders hohe Anforderungen stellte diese Arbeit an den Chef der Unterkunftsabteilung der Front, Oberst G. D. Kossogljad.[19]

Was Shukow in seinen (gedruckten) Memoiren nur in einem Absatz beschreibt, aber als ein zu bewältigendes „kolossales Pensum“ bezeichnet, war eine enorme Leistung, die zunächst vor allem die im Raum Berlin-Potsdam stationierten sowjetischen Truppen zu bewältigen hatten. Mit den dann im Zusammenhang mit der Organisation der Anreise Stalins von Moskau nach Berlin entlang der Fahrtroute und im Umfeld der Potsdamer Konferenz zum Einsatz gekommenen weiteren Einheiten der Grenztruppen und der Staatssicherheit waren es allein von sowjetischer Seite mehrere Tausend Menschen, die für die Konferenz tätig waren. Hinzu kamen noch die britischen und amerikanischen Einheiten, die den Aufenthalt ihrer jeweiligen Delegationen vorbereiteten und während der Konferenz in allen Bereichen absicherten.
Bislang sind ihre Leistungen nicht gewürdigt worden. Aber es ist erforderlich. Ein einzelner Historiker oder eine einzelne Historikerin ist dazu nicht in der Lage. Hierzu wäre eine internationale Arbeitsgruppe erforderlich, mit Russen, Amerikanern, Briten, Deutschen, Polen und Franzosen. In den Archiven der jeweiligen Länder sowie in den in privater Hand befindlichen Unterlagen einzelner Teilnehmer der Konferenz versteckt sich eine Vielzahl bislang nicht erfasster und ausgewerteter Unterlagen. An dieser Stelle ist es nicht möglich, die umfangreichen Vorarbeiten für die Konferenz gebührend zu beschreiben und zu würdigen. Deshalb erfolgt eine Auswahl einzelner, bislang noch nicht in deutscher Sprache beschriebener Tätigkeitsfelder. Generaloberst Alexej Iwanowitsch Proschljakow[20] kommandierte die Ingenieurtruppen der 1. Belorussischen Front. In dieser Eigenschaft hatte er die Oberaufsicht  über die Arbeiten zur Aufklärung und Beseitigung von Minen und anderen Explosivstoffen in den für die Drei-Mächte-Konferenz vorgesehenen Gebieten und Parkanlagen, in Potsdam und auch im Schloss Cecilienhof.[21] Brigadeoberst Viktor K. Kharchenko[22], Stellvertretender Kommandeur der 1. Selbständigen Motorisierten Ingenieur-Gardebrigade der Reserve des Oberkommandos der Roten Armee[23],   hatte in seinem Bestand das 8. Mineur-Spezialbataillon. In seinen 1973 erschienenen Memoiren berichtet er über die besonderen Aufgaben, die die Einheit in Vorbereitung der Potsdamer Konferenz übertragen bekam.

Mitte Mai erhielt unsere Brigade eine verantwortungsvolle Aufgabe – Erkundung und Minenräumung in Potsdam und auf den Autostraßen, die diese Stadt mit Berlin und den drei nächstgelegenen Flughäfen verbanden. Zu der Zeit kannten wir die Ursache für diese dringende Aufgabe nicht. Aber wir vermuteten, dass es eine große internationale Konferenz geben könne. Die Kampfaufgabe übernahm das 8. Mineur-Spezialbataillon. Es war in Babelsberg in Gebäuden des „UFA“-Filmstudios stationiert. … Die Erkundung zeigte, dass unser Bataillon für die gründliche Beräumung explosiver Gegenstände und Minen mit Langzeitzündung mindestens fünf bis sechs Monate benötigen würde. Wir bekamen dafür aber maximal anderthalb Monate Zeit. Auf der Offiziersberatung des Bataillons wurde eine salomonische Entscheidung getroffen – nur die Gebäude und Straßen zu überprüfen und zu beräumen, die mit der bevorstehenden Konferenz in Verbindung standen. Das übrige Territorium von Potsdam wurde vorübergehend von unseren Truppen bewacht. Die Beräumung dieses Gebiets konnte dann nach Abschluss der Konferenz erfolgen.[24]

Die Erkundung und Beseitigung von Kampfmitteln erfolgte vorrangig auf den Straßen zu den Flughäfen Gatow, Tempelhof und Dallgow sowie nach Berlin.  Nachdem das im Neuen Garten gelegene Schloss Cecilienhof als Tagungsort ausgewählt worden war und die Villenkolonie Neubabelsberg als Areal für die Unterbringung der Delegationen, wurden dort alle Straßen sowie Zugangswege untersucht. Das traf auch für den Neuen Garten zu, das Schloss und die für die Delegationen vorgesehenen, zuvor von ihren früheren Bewohnern geräumten Wohnhäuser. Die Pioniere arbeiteten in Schichten, 12 bis 14 Stunden täglich. Bei der Suche nach Minen, vor allem nach solchen mit Zeitzündern, und nach sonstigen liegen gebliebenen Kampfmitteln wurde jeder Meter Straße untersucht und jeder Quadratzentimeter der Wände und Böden in den Gebäuden. In den Gebäuden aufgefundene Wandverkleidungen klopften und hörten sie ab.[25]

Viel Zeit und Kraft wurde auch für die Kampfmittelberäumung im Neuen Palais, im Marmorpalais und im Schloss Charlottenhof aufgewendet. Die meisten Gebäude des Schlösserensembles wurden in der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet. Allerdings wurde die Mehrzahl von ihnen nach dieser Zeit mehrfach umgebaut. Deshalb zeichneten unsere Offiziere genaue Pläne der Räume, Keller und Verbindungen neu. Es kam vor, dass die Pioniere in den Wänden verschiedene Hohlräume feststellten. In solchen Fällen wurden diese unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen sorgfältig geöffnet. Meistens befanden sich in den Hohlräumen vor Jahrhunderten eingerichtete Verstecke zur Aufbewahrung von Wertgegenständen und Geheimdokumenten. Glücklicherweise wurden keinerlei Minen mit Langzeitzündern gefunden. Ja, den Hitler´schen Pionieren stand vor Berlin der Sinn schon nicht mehr nach verschiedenen explosiven Überraschungen.[26]

Minen mit Langzeitzündern wurden nicht gefunden, jedoch viele andere explosive Gegenstände. In den von den Pionieren der Roten Armee kontrollierten Gebäuden in Neubabelsberg entdeckten sie mitunter Schusswaffen sowie so genannte „kalte“ Waffen, Generalsparadeuniformen und Schachteln mit Sammlungen verschiedener Orden. „Einmal wurde sogar im Keller einer Villa ein SS-Standartenführer festgenommen und im benachbarten Haus – ein hochrangiger Gestapomann.“[27] Besonders sensibel wurde bei der Entdeckung von Explosivmunition mit Zeitzündern reagiert. So entdeckten sie im Pfeiler einer zerstörten Brücke auf der Autobahn von Potsdam nach Berlin einen „unbekannten Zünder mit Verzögerungswirkung“. Es handelte sich um einen chemischen Zünder. Aber zunächst war unklar, für welche Reaktionszeit er entwickelt worden war. Zudem war zu dem Zeitpunkt nicht klar, ob es sich um den einzigen Zünder dieser Art handelte oder ob nicht noch mehr versteckt worden waren.

Der Brigadekommandeur entschied, unverzüglich Major Treguba mit dem Zünder nach Moskau zu schicken. Wenn dort in der Technischen Verwaltung festgestellt wird, dass der Zünder für eine Langzeitverzögerung konstruiert ist, muss die Frage nach einer Verlegung der Konferenz aus Potsdam in einen anderen Ort gestellt werden. Zu dieser Zeit hatten die Pioniere in den Brückenpfeilern noch einige weitere chemische Zünder des gleichen Typs gefunden. Erneut wurde das „faschistische Geschenk“ sorgfältig untersucht. Dieses Mal gelang es festzustellen, dass die Verzögerungszeit lediglich auf 5 Minuten berechnet war. Augenscheinlich wollten die Hitler`schen Pioniere damit die Brücke sprengen und es schaffen, ihre Beine noch vor Auslösung der Sprengung aus der Region fortzubekommen. Uns fiel ein Stein vom Herzen. Die Notwendigkeit der Dienstreise von Major Treguba nach Moskau entfiel.[28]

Anfang Juli erhielt die Einheit den Befehl, das Schloss Cecilienhof noch einmal gründlich abzusuchen. Wie bereits in allen anderen von ihnen untersuchten Schlössern überprüften sie sorgfältig alle verdächtigen Stellen im Gebäude und auf dem es umgebenden Gebiet.

Einmal stellte ein Pionier aus der Kompanie von Paschkow einen Hohlraum in einer Ziegelinnenwand neben dem angenommenen Sitzungssaal fest. Das wurde unverzüglich dem Potsdamer Kommandanten gemeldet (259). Was tun? Die Wand, die mit cremefarbenen Tapeten bedeckt und mit rotem Holz getäfelt war, aufbrechen oder nicht? Sie wieder herzustellen, wäre sehr schwierig, und Zeit war dafür auch nicht mehr übrig. Andererseits ging es auch nicht ohne Überprüfung – im Hohlraum konnte ja eine Mine mit Langzeitwirkung stecken. Der Kommandant bat: „Genossen Pioniere, vielleicht geht es auch ohne Aufbrechen der Wand? Bitte denkt nach, denn die bevorstehende bedeutende Maßnahme wird in Kürze beginnen.“ Man dachte nach und fand einen Ausweg. Die Wand wurde sorgfältig von oben bis unten abgeklopft. Es stellte sich heraus, dass der Hohlraum bis in einen Kellerraum reichte. Dort wurde die Ziegelwand dann aufgebrochen. Es zeigte sich, dass vom Keller bis zum Dachboden eine sorgfältig verborgene Geheimtreppe führte. Zu untersuchen, wofür diese diente und wann sie erbaut wurde, blieb keine Zeit. Jedenfalls hat uns auch dieses Geheimnis eines Potsdamer Schlosses viel Zeit und Kraft gekostet.[29]

Bis Anfang Juli waren die Erkundung und Beräumung der Kampfmittel in den für die Konferenz vorgesehenen Gebieten und Gebäuden abgeschlossen. Parallel mit den Minensuchern waren Pioniereinheiten und Teile der in Potsdam und Babelsberg lebenden Erwachsenen für Vorbereitungsarbeiten eingesetzt. Sie beräumten Straßen von Trümmern und Zeugnissen der bis zum 26. April 1945 geführten Kämpfe. Die Pioniere bauten im Konferenzgebiet provisorische Brücken oder, wo dies möglich war, stellten die vorherigen wieder her. Am 2. Juli waren die Kraftwerke in Babelsberg und Potsdam repariert und wurden wieder in Betrieb genommen. Garagen und die Flugplätze in Dallgow und Kladow waren erneut nutzbar. Die Versorgungs- und Entsorgungsleitungen nach Neubabelsberg und innerhalb des künftigen Sperrgebiets wurden untersucht und repariert, ebenso die Telefonleitungen. Beteiligt waren an den technischen Arbeiten auch Ingenieure aus Diensteinheiten des NKWD. Alle Hände voll zu tun hatte ebenfalls die Unterkunftsabteilung der 1. Belorussischen Front. Ingenieur-Oberst Grigori Davidowitsch Kosogljad[30] war ihr Chef. Ihm oblag die Beschaffung der für die Konferenz und für die Unterbringung der Delegationen der drei Großmächte benötigten Gebäude, deren Renovierung und Möblierung. Das galt auch für die Ausstattung von Schloss Cecilienhof, dessen vorherige Bewohner – Kronprinz Wilhelm von Preußen und seine Frau Cecilie von Preußen – auf ihrer Flucht vor der anrückenden Roten Armee den größten Teil der Einrichtung mitgenommen hatten.

 „Stalin forderte häufig Berichte an über den Verlauf der Vorbereitungen für die Konferenz, …, ihn interessierten Details, und er gab Anweisungen.“[31]

Mitunter erkundigte er sich mehrmals am Tag bei Berija nach Details. Und wenn dieser nicht in der Lage war, zufriedenstellende Auskünfte zu erteilen, mussten die vor Ort arbeitenden Kräfte die gewünschten Informationen beschaffen.

Häuser für die Siegermächte

Die von Churchill und Truman zum Gastgeber der Konferenz gekürte Sowjetunion ging bei der Klärung der Unterbringung der Delegationen davon aus, dass diese in der Größe anreisen würden, wie das bereits bei der Konferenz in Jalta (4./11. Februar 1945) der Fall war. Deshalb hatten die Quartiermeister der Roten Armee in Neubabelsberg zunächst alle Gebäude und Grundstücke in Beschlag genommen, die dem Deutschen Reich oder mit ihm verbundener Unternehmen und Einrichtungen gehört hatten. Die zweite Gruppe von ihnen beschlagnahmter Gebäude waren leerstehende, weil ihre Bewohner bzw. Eigentümer vor der Roten Armee in Richtung Westen geflohen waren. Hinzu kamen alle Häuser, die sich in dem Gebiet befanden, das als Sondergebiet bzw. Sperrgebiet Neubabelsberg für die Nutzung während der Konferenz und darüber hinaus vorgesehen war. Die Außengrenzen dieses Gebietes werden im Mai 1945 festgelegt worden sein, die Grenzen der darin liegenden drei Sektoren (USA, Großbritannien, Sowjetunion) im Juni. Inwieweit die Grenzen des Sperrgebiets im Verlauf der Vorbereitungen weiter in Richtung Westen verschoben wurden, lässt sich bislang nicht belegen. Bekannt ist jedoch, wie die sowjetischen Gastgeber überrascht wurden (und zwar negativ) , als ihnen die Briten und die Amerikaner die Listen mit den Teilnehmern ihrer jeweiligen Delegation plus die Übersichten mit dem zu deren Betreuung benötigten Personal vorlegten und die damit verbundenen Wünsche, was die Unterbringung anbelangte. Die Zahlen waren um ein Wesentliches höher als in Jalta.
Letztlich waren es ca. 320 Häuser, die in Vorbereitung der Potsdamer Konferenz bzw. in Verbindung mit ihr, beschlagnahmt wurden und bis 1956 zum Sperrgebiet Neubabelsberg gehörten. Die Repräsentanten aller drei an der Potsdamer Konferenz beteiligten Mächte waren sich bewusst, was sie den Eigentümern und den noch darin lebenden Menschen in den für ihren Aufenthalt beschlagnahmten Häusern zumuteten. Aber weder Churchill noch Truman machten sich darüber Gedanken. Die Deutschen waren die Verlierer, also mussten sie das aushalten, so vermutlich die das Gewissen der beiden beruhigende Rechtfertigung. Der für Churchills Regierung tätige Alexander Cadogan ist, wie bislang bekannt, der einzige der in Neubabelsberg wohnenden Teilnehmer der Konferenz, der sich sehr deutlich zu dem Problem der geräumten Häuser äußerte, indem er seiner Frau damals schrieb:

Alle Deutschen hatten sie natürlich verlassen müssen. Wo sie hingegangen sind, weiß keiner. Kannst Du dir vorstellen, was wir fühlen würden, wenn Deutsche und Japaner dies in England tun würden und wenn wir alle unser Bündel hätten schnüren müssen, damit Hitler und Co. in unseren Häusern hocken und über unser Schicksal entscheiden könnten, während wir in Höhlen in den Trümmerhaufen von London leben?[32]

Bis heute ist in der Literatur aber eine Rechtfertigungs-Argumentation zu finden, die sich aus der Charakterisierung von Neubabelsberg herleitet.

 „In der Region Potsdam und Babelsberg lebten im Sommer die Vertreter der Oberschicht des faschistischen Reiches.“[33]

In Babelsberg hatten vor dem Kriege höchste Regierungsbeamte, Generale und Nazis gewohnt. (Shukow)[34]

Der Vorort Neubabelsberg liegt ungefähr zwanzig Kilometer südwestlich von Berlin auf dem Wege nach Potsdam in einer dicht bewaldeten Gegend zwischen dem Teltower Kanal und dem gewundenen Griebnitzsee. Er war vor dem Krieg der Sitz der Filmindustrie und ein beliebter Sommeraufenthalt. Ich wurde in einer dreistöckigen Villa, Kaiserstraße Nr. 2, untergebracht, die das Heim des Generaldirektors einer deutschen Filmgesellschaft gewesen war. (Harry S. Truman)[35]

Der britische Premierminister Winston Churchill und seine ihn als persönlicher Adjutant begleitende Tochter Mary haben sich in Neubabelsberg wohl gefühlt. Aber in ihren Memoiren ist kein Satz über das Wohngebiet und seine vormaligen Bewohner zu finden. Und das zieht sich durch die Mehrzahl der Veröffentlichungen zur Potsdamer Konferenz – entweder Einschätzungen, wie in den vorstehenden Zitaten oder Schweigen.

Das Haus des Verlegers Gustav Müller-Grote[36], Kaiserstraße 2, das „Little White House“ und Wohnsitz von Truman während der Potsdamer Konferenz, war beim Einmarsch der Roten Armee in Neubabelsberg Ende April 1945 noch bewohnt. Die damals 33jährige Friedl Eleonore Müller-Grote schrieb 2002 ihre Erinnerungen an diese Zeit nieder:

Der erste Russeneinmarsch in unserem Haus brachte, abgesehen von Plünderungen, Einbrüchen und Vergewaltigungen durch die Rote Armee die Beschlagnahme des Hauses „für einige Tage“ durch General Shukov, dem „Sieger der Schlacht um Berlin“. Die Familie – die Flüchtlinge hatten sich schon während der Belästigungen durch die Russen andere Unterkünfte ausgesucht – zog in das gegenüberliegende ehemalige Gärtnerhaus, das unser Vater für die Familie Behrens ausgebaut hatte.
Shukov und seine Mannen hinterließen das Haus in einem Chaos, in das wir uns nicht wieder hineintrauten. Allerdings ließen sie die Möbel stehen. Erst dann kam der endgültige Räumbefehl, der uns auch aus dem kleineren Haus vertrieb, wobei alle über die Straße hin geretteten Gegenstände geplündert wurden und in der großen Villa unter dem Kommando von deutschen (aus Russland reimportierten?) Kommunisten alles abgefahren und in den Wald gekippt wurde, Möbel, sämtlicher Hausrat und Verlagsvorräte. Alle Häuser um den Griebnitzsee bis in entfernte Seitenstraßen wurden geräumt und vom Inhalt entleert, um der Potsdamer Konferenz Platz zu machen. Natürlich wussten wir nicht, was da vorgehen sollte. Das ganze Gebiet um den Griebnitzsee herum war noch lange Jahre gesperrt.[37]

Als 1955 die Memoiren von Harry S. Truman erstmalig in deutscher Sprache erschienen, schrieb ihr Bruder, Hans-Dietrich Müller-Grote, dem ehemaligen US-Präsidenten. Er wollte ihm mitteilen, wie es damals wirklich um das Haus gestanden hatte, in dem Truman im Sommer 1945 gewohnt hatte.

Anfang Mai 1945 kamen die Russen dorthin; vier Wochen, bevor Sie in dieses Haus einzogen, Mr. Truman, lebten seine Bewohner in Angst und Schrecken, bei Tage und bei Nacht aufgescheucht durch plündernde russische Soldaten, die meine Schwestern vor den Augen ihrer Eltern und ihrer eigenen Kinder vergewaltigten und meine alten Eltern prügelten. Alle Schränke, alle Schubladen, alle Koffer wurden mit Bajonetten aufgeschlagen, ihr Inhalt auf die Erde geworfen, in unbeschreiblicher Weise beschmutzt und zerstört. Der ganze Reichtum eines alten gepflegten Hauses an Hausrat wurde innerhalb von Stunden vernichtet. Darunter übrigens auch die Noten jenes a-moll-Walzers von Chopin, den man auf Ihren Wunsch für den Pianisten Eugene List aus Paris beschaffen musste. Mitte Mai, also nach der Kapitulation, wurden die Bewohner dieses Hauses von einer Stunde auf die andere auf die Strasse gesetzt; sie durften kaum das Lebensnotwendigste mitnehmen. Offensichtlich hatte man etwas Besonderes mit dieser sehr schönen grossen Villa vor. Dazu „räumte“ man sie völlig aus, um sie, die einmalig schöne und wertvolle alte Möbel wie deutsche und italienische Renaissance-Schränke enthielt, mit Möbeln aus Schlössern der Umgebung neu auszustaffieren. Die mühsam gerettete Verlagsbibliothek, die grosse, sehr wertvolle Privatbibliothek meines Vaters, die Archive – alles flog auf die Strasse, wurde zum Teil mit Mistgabeln auf Lastwagen verladen und diente zum Ausfüllen von Bombentrichtern. Es waren nicht nur Russen an diesem Werk beteiligt, es waren ebenso Deutsche und alsbald auch Amerikaner, die ihre Ankunft vorbereiteten und die von den Russen erfundene Methode der „Reinigung“ des Hauses durch völliges Ausleeren und Abfahren in den Wald übernommen hatten. Es sind Angehörige der US-Armee mit Bildern aus unserem Hause gesehen worden. Es hingen dort alte Niederländer und deutsche Meister sowie Gemälde moderner Künstler.[38]

Zu jedem einzelnen beschlagnahmten Haus gibt es eine Geschichte. Zum Teil spielte sich dort alles so ab, wie vorstehend beschrieben, zum Teil aber auch anders. Die Aufarbeitung dieser Vorgänge ist bislang nicht erfolgt. Die Geschichten, die in den Familien erzählt wurden, die ihre Häuser verlassen mussten, müssen erst noch entdeckt bzw. niedergeschrieben werden. Nur mit ihrer Hilfe und mit den noch nicht freigegebenen Archivdokumenten lässt sich ein sachliches Bild der Ereignisse dieser Zeit zeichnen.

Stalin ließ sich über den Stand der Vorbereitungen für die Konferenz sehr genau informieren. Bis zu seiner Abfahrt nach Potsdam erkundigte er sich, „manchmal einige Male am Tag, bei Berija“ nach Einzelheiten.[39] Am 2. Juli 1945 konnte dieser Stalin und Molotow folgenden schriftlichen Bericht erstatten:

An den Genossen Stalin J. W.
An den Genossen Molotow W. M.

Das NKWD der UdSSR berichtet über die Beendigung der Vorbereitung der Maßnahmen zur Vorbereitung des Empfangs und der Unterbringung der bevorstehenden Konferenz. Vorbereitet sind 62 Villen (10.000 Quadratmeter) und ein Zwei-Etagen-Einzelhaus für den Genossen Stalin, 15 Zimmer, eine offene Veranda, Mansarde (400 Quadratmeter). Das allein stehende Gebäude ist mit allem ausgestattet. Es gibt ein  Post- und Telegraphenamt. Es ist für Vorräte an Wild, Geflügel, gastronomischen und Kolonialwaren sowie anderen Produkten und Getränken gesorgt. Es sind Nebenwirtschaften sieben Kilometer von Potsdam geschaffen worden, mit Tier- und Geflügelfarmen, Gemüseanbau; es arbeiten zwei Brotbäckereien. Das gesamte Personal ist aus Moskau. Zwei spezielle Flughäfen stehen bereit. Für die Bewachung stehen sieben Regimenter der NKWD-Truppen und 1.500 Personen aus der operativen Mannschaft zur Verfügung. Die Bewachung ist in drei Ringen organisiert. Der Leiter der Leibwache des allein stehenden Hauses ist Generalleutnant Wlassik. Die Bewachung des Konferenzorts übernimmt Kruglow. Ein Sonderzug ist vorbereitet. Die Reiseroute beträgt 1.923 Kilometer Länge (1.095 durch die UdSSR, 594 durch Polen, 270 durch Deutschland). Für die Sicherheit des Weges sorgen 17.000 Mann aus den Truppen des NKWD, 1.515 Personen aus der operativen Mannschaft. An jedem Kilometer der Eisenbahnstrecke stehen 6 bis 15 Personen Wache. Auf der Geleitlinie werden 8 Panzerzüge der Truppen des NKWD fahren.
Für Molotow ist ein zweigeschossiges Gebäude vorbereitet worden (11 Zimmer). Für die Delegation 55 Villen, darunter acht einzeln stehende Häuser.             2. Juli 1945 L. Berija[40]

Doch die Vorbereitungsarbeiten liefen weiter. Am 14. Juli 1945 war alles geschafft.

Schlussbemerkungen

Die vorstehenden Ausführungen sind nur ein Ausschnitt der Ereignisse aus der Zeit der direkten Vorbereitung der Potsdamer Konferenz. Sie sind in diesem Umfang belassen worden, um die Lesbarkeit nicht zu beeinträchtigen.

Ausgewertet wurden Unterlagen, die allgemein zugänglich sind, aber in sehr vielen Fällen nicht in der deutschen Sprache vorliegen. Soweit es möglich war, wurden sie übersetzt. Ihrer Auswertung harren noch zahlreiche, vor allem in russischer Sprache, aufgefundene Dokumente und Erinnerungen. Ein ausführlicheres Bild ist aber auch jetzt schon möglich, indem der Text in Verbindung mit den bereits in diesem Blog veröffentlichten und den noch folgenden Beiträgen gelesen wird.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Bernd Muck, Kleinmachnow, für die Unterstützung bei der Übersetzung von Texten aus der russischen Sprache.

Anmerkungen

[1] Beriya, Lavrentiy: «Vtoroy voyny ya ne vyderzhu…». Taynyy dnevnik 1941-1945,o.O. 2012, S. 257. Original: „В Иране были пальмы, в Крыму были пальмы, а в Берлине тoже будет «Пальма».

[2] Vgl.  Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. In two Volumes, Volume I., Washington 1960, Dok. Nr. 29, S. 60.

[3] Shukow, Georgij K.: Erinnerungen und Gedanken, Berlin 1969, S. 361.
Hopkins hatte seine Ehefrau nach Moskau mitgenommen und flog nach dem Kurzaufenthalt in Berlin bis London, wo er sich mit Churchill treffen wollte.

[4] Churchill, Winston: Triumph and Tragedy,New York 2002, S. 690.
Original: „I am leaving Moscow in the morning. Am going to do a little sight-seeing in Berlin, then home.“

[5] Shukow, Georgij K., a.a.O., S. 362.

[6] In Nr. 28 vom 18.07.2000, S. 52, veröffentlichte das russische Journal „Kommersant“ („Коммерсантъ”) unter dem Titel „Gornichnykh predstavit’ k nagradam (Dienstmädchen zur Auszeichnung vorgeschlagen) einen Beitrag von Jewgeni Schirnow (Евгений Жирнов), Geschichtsredakteur der Zeitschrift, mit Einzelheiten über die Vorbereitung der Potsdamer Konferenz durch die Sowjetunion, darunter auch über die Fahrt Stalins mit dem Zug von Moskau nach Berlin und zurück. Auf welche Dokumente sich Schirnow dabei bezog, gab er nicht an.

[7] NKWD = Volkskommissariat des Inneren (Innenministerium der UdSSR). Verfügte über eigene Truppen und ab 1935 auch über die Geheimpolizei.

[8] Zur Person: https://de.wikipedia.org/wiki/Andrei_Januarjewitsch_Wyschinski.
Vgl. Waksberg, Arkadi: Gnadenlos. Andrei Wyschinski – Mörder im Dienste Stalins, Bergisch Gladbach 1991, S. 337 ff.

[9] „Пальма“ (dtsch: Palme) war sowohl das Codewort für die Operation zur Vorbereitung der Potsdamer Konferenz, ihrer Durchführung und Unterbringung der sowjetischen Delegation als auch das Codewort für den Ort der Unterbringung der sowjetischen Delegation.

[10] „Im Juli 1945, unmittelbar nach Kriegsende und kurz vor der Potsdamer Konferenz, unterzeichnete Stalin ein Dekret, das die Umwandlung aller militärischen Ränge des NKWD/NKGB, wie sie in der Roten Armee üblich waren, vorsah. Fitin und ich wurden durch den Ministerrat zum Generalleutnant (zwei Sterne) befördert.“ (Sudoplatow, Pawel A.: Der Handlanger der Macht. Sudoplatow. Enthüllungen eines KGB-Generals, Berlin 2018, S. 286. Wyschinski war von Stalin als politischer Berater Shukows für dessen Tätigkeit im Alliierten Kontrollrat benannt worden und hielt sich seit Ende Mai 1945 in Berlin auf.

[11] Sergej N. Kruglow (1905-1957) war von 1943 bis 1946 Chef der Hauptverwaltung Abwehr beim Volkskommissariat für Staatssicherheit (NKGB). Mit der Umwandlung der Dienstränge im Juli 1945 wurde er Generaloberst der Staatssicherheit.

[12] Iwan A. Serow arbeitete während des Krieges an leitender Stelle der Spionageabwehr „Smersch“.

[13] Vgl. http://voenspez.ru/index.php?topic=20402.0;wap2.

[14] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Zentralfront.

[15] Grauert, Adda u.a.: Der Universitätscampus Griebnitzsee. Eine Standortgeschichte, Potsdam 2016, S. 47.

[16] Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. In two Volumes, Volume I., a.a.O., Dok. Nr. 74, S. 106 f.
Im Original:
1. It is most important that the exact venue of the forthcoming conference should be settled as soon as possible since much preparatory work will be necessary.

  1. I feel very strongly, and I am sure you will agree, that on this occasion the Russian, American and British delegations should each have separate enclaves, and that they should make their own arrangements for accommodation, food, transport, guards, communications, etc. I suggest that, in addition, there should be a fourth place in which the three delegations could meet to confer. It would be much appreciated if the Soviet Government would make arrangements for this common meeting place.
  2. President Truman is in entire agreement with the above proposal.
  3. I should therefore be glad if you would let me know as soon as possible the area in the vicinity of Berlin that you propose for the conference, and the precise localities within that area that it proposed to allot to the Soviet, American and British delegations respectively. On receipt of your reply, I would immediately instruct Field Marshal Montgomery to send advance parties to make all arrangements for the British Delegation, in consultation with Marshal Zhukov and General Eisenhower.
  4. I hope that it will be borne in mind that we will require the use of an airfield as near as possible to our delegation area. We could, if convenient, share an airfield with the Americans.

[17] https://history.state.gov/departmenthistory/people/page-edward

[18] Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. In two Volumes, Volume I., a.a.O., Dok. Nr. 84, S. 114.
Im Original: „Mr. Vyshinski stated that he could not give any definite information at the present time. However, it was proposed to assign a special zone, like at the Crimean Conference, to each delegations. Since Berlin was completely destroyed, it had been decided to hold the conference in Babelsberg near Potsdam. The Conference itself would be held in the Crown Prince`s palace.“

[19] Shukow, G. K., a.a.O., S. 362.

[20] https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%9F%D1%80%D0%BE%D1%88%D0%BB%D1%8F%D0%BA%D0%BE%D0%B2,_%D0%90%D0%BB%D0%B5%D0%BA%D1%81%D0%B5%D0%B9_%D0%98%D0%B2%D0%B0%D0%BD%D0%BE%D0%B2%D0%B8%D1%87.

[21] Vgl. https://rv-ryazan.ru/old/news/50546.html

[22] https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A5%D0%B0%D1%80%D1%87%D0%B5%D0%BD%D0%BA%D0%BE,_%D0%92%D0%B8%D0%BA%D1%82%D0%BE%D1%80_%D0%9A%D0%BE%D0%BD%D0%B4%D1%80%D0%B0%D1%82%D1%8C%D0%B5%D0%B2%D0%B8%D1%87

[23] Russisch: 1-я гвардейская отдельная Брестско-Берлинская Краснознамённая орденов Суворова и Кутузова моторизованная инженерная бригада РГК.
https://ru.wikipedia.org/wiki/1-%D1%8F_%D0%B3%D0%B2%D0%B0%D1%80%D0%B4%D0%B5%D0%B9%D1%81%D0%BA%D0%B0%D1%8F_%D0%BC%D0%BE%D1%82%D0%BE%D1%80%D0%B8%D0%B7%D0%BE%D0%B2%D0%B0%D0%BD%D0%BD%D0%B0%D1%8F_%D0%B8%D0%BD%D0%B6%D0%B5%D0%BD%D0%B5%D1%80%D0%BD%D0%B0%D1%8F_%D0%B1%D1%80%D0%B8%D0%B3%D0%B0%D0%B4%D0%B0

[24] Kharchenko V. K.:…Spetsial’nogo naznacheniya, Москва (Voyenizdat), 1973, S. 256 f.

[25] Vgl. ebenda, S. 257.

[26] Ebenda, S. 258.

[27] Ebenda, S. 257.

[28] Ebenda, S. 257 f.

[29] Ebenda, S. 258 f.

[30] Косогляд, Григорий Давидович.
Dokumente zu seiner Person: https://rgavmf.ru/fond/r-2192/fond-r-2192-opis-3/fond-r-2192-opis-3-edhr1523.

[31] Wolkogonow, Dimitri: Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt, Berlin 2015, S. 687 f.

[32] Dilks, David (Ed.): The Diaries of Sir Alexander Cadogan 1938 – 1945, London 1971, S. 761 f.
Original:
„All the Germans have of course been turned out. Where they`ve gone, no one knows. Can you imagine what we would feel if Germans and Japanese were doing this in England, and if weh ad all been bundled out to make way for Hitler and Co. to squat in our homes and decide our fate while we lived in holes in the rubble heaps of London?“

[33] Kharchenko V. K.:…Spetsial’nogo naznacheniya, Москва (Voyenizdat), 1973, S. 257.

[34] Shukow, G. K., a.a.O., S. 362.

[35] Truman, Harry S.: Memoiren. Band 1: Das Jahr der Entscheidungen (1945), S. 331.

[36] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Dietrich_M%C3%BCller-Grote

[37] Mackay, Robert S.: Sie werden verstehen, es bewegt mich sehr…. Ein Haus und seine ergreifende Geschichte von 1892 bis zur Gegenwart. Familiensitz – Little White House – Schule – Ruine – Restauration und Neubau, Berlin 2002, S. 25.

[38] Ebenda.

[39] Vgl. Wolkogonow, Dimitri: Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt, Berlin 2015, S. 687 f.

[40] Государственный архив Российской Федерации. Ф.9401.Оп.2.Д. 97.Т.VI.Лл.124 — 130.
Zitiert in: Wolkogonow, Dimitri: Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt, Berlin 2015, S. 687 f.
Zunächst war darüber nachgedacht worden, dass Stalin nach Berlin fliegt. Das lehnte er jedoch ab. Hintergrund dafür war, dass sein Flugzeug auf dem Weg zur Konferenz in Teheran in Luftlöcher geriet. Was ihm Angst und Schrecken eingejagt hatte. Das wollte er nicht noch einmal durchmachen. (Vgl. ebenda, S. 686 f.)

© Dr. Volker Punzel, GeschichtsManufaktur Potsdam (06.03.2020)

Von admin

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