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Mittelsteinzeit bzw. Mesolithikum (9.600 – 3.000 v. u. Z.)
Erste Hinweise auf die Anwesenheit von Menschen in unserer Region sind für das Mesolithikum (um 9.600 bis 3.000 v. u. Z.), auch Mittelsteinzeit genannt, überliefert. Sie lebten von der Jagd, vom Fischfang und vom Sammeln von Wildpflanzen und -früchten.
Anhand von Fundstücken konnten als von ihnen genutzte Lagerplätze der Kaninchenberg und andere Sandkuppen (Talsandinseln und Talsandschlingen) sowie die hochwasserfreien Ränder der von Mäanderschlingen und Totarmen der Nuthe durchzogenen Nutheniederung lokalisiert werden. Gefunden worden waren als Zeugnisse der Geräteherstellung aus Feuerstein vor allem:
- Abschläge
- Kernsteine
- Halbfabrikate
- fertige Kleinstgeräte (Mikrolithen).
Vereinzelt fanden sich größere Beile aus Feuerstein oder aus Felsgestein.
Ihre Feuersteinwerkzeuge hinterließen sie auf räumlich ausgedehnten und mehrfach von ihnen aufgesuchten Plätzen.
Auf die erste Hälfte des 9. Jahrtausends v. u. Z. wurde ein am 27. Februar 1984 im Wohngebiet Schlaatz in 3,20 m Tiefe freigelegtes fast vollständiges Skelett eines großhörnigen Rindes datiert.(1) Erlegt worden war es in einem ehemaligen Nuthelauf (Totarm) von Menschen, die als Jäger im überflutungsfreien Gebiet lebten. Der Geologe R. Weiße datiert das Skelett anhand der Bodenstruktur zwischen Alleröd und Jüngerer Tundrenzeit, d. h. vor ca. 10.000 Jahren.(2) Das von den Archäologen als Ur (Bos primigenius) bezeichnete Tier war ein Stier im Alter von sieben bis acht Jahren und mit einer Widerristhöhe von 165 bis 170 cm. Der oder die Jäger hatten den Stier vermutlich im Spätsommer erlegt und am Ort des Verendens ausgeweidet sowie zerteilt. Die Körperparteien mit den höchsten Fleischanteilen – die Extremitäten und Teile des Brustkorbes – wurden zum Wohnplatz abtransportiert. Den Schädel, aber ohne Zunge, und die vorderen Wirbel mit Teilen der Rippen blieben zurück. Ein nicht lange nach der Jagd einsetzendes Nuthehochwasser bettete die Skelettreste in Schwemmsand ein und sorgte so dafür, dass es erhalten blieb.
Neben den Tierknochen gefundene Feuersteingeräte konnten anhand der Abnutzungsspuren an den Geräten und der Schnittmarken an den erhaltenen Knochen des Ures dem Verarbeitungsvorgang zugeordnet werden. (3)
Jungsteinzeit bzw. Neolithikum (um 4.500 v. u. Z. – 2.200 v. u. Z.)
In der Jungsteinzeit vollzog sich mit dem Ackerbau und der Viehzähmung der Übergang zur Sesshaftigkeit. Die ersten Bauern konnten nun bei Fleischbedarf auf Tiere aus der eigenen Viehhaltung zurückgreifen. Rind, Schwein, Schaf und Ziege hielten sie vor allem. Die Anwesenheit von Bauern auf dem heutigen Stadtgebiet von Potsdam ist für die zweite Hälfte des 4. Jahrtausends v. u. Z. nachgewiesen.
Anhand von Funden ist ihre Anwesenheit für folgende Örtlichkeiten verbürgt:
- Potsdam, Alter Markt
- Potsdam, Burgstraße
- Potsdam, Havel (Standort slawischer Burgwall)
- Potsdam, Schiffbauergasse
- Potsdam, Kolonie Daheim
- Potsdam, Beetzwinkel
- Potsdam, Bornstedter Feld
- Bornim, Am Heineberg
- Bornim, Priesteracker
- Bornim, Schräger Weg.
Auf der großen Talsandinsel an der Havel, heute Alter Markt, auf vor Hochwasser sicheren Flächen beiderseits des Nuthetales (Kolonie Daheim und Beetzwinkel) und in der Bornimer Flur befanden sich ihre Wohnplätze. Sie bestanden aus einfachen Pfostenbauten mit lehmverputzten Flechtwerkwänden. Von den Wohnbauten blieben die Gruben der Pfosten erhalten, Herdstellen, Vorratsgruben, Abfallgruben mit Keramikscherben sowie mit Speiseabfällen und Produktionsabfällen.
Jungsteinzeitliche Bestattungsplätze wurden in Potsdam in der Burgstraße 1/2 und in der Schiffbauergasse freigelegt sowie in Bornim „Am Heineberg“. Die Toten wurden in Hockstellung begraben. Für das Leben im Jenseits waren ihnen Speisegaben in Tongefäßen und geräte, wie Äxte, Beile und Meißel, mit gegeben worden.
Der Kugelamphorenkultur im 3. Jahrtausend wurde ein in der Burgstraße freigelegter Toter zugeordnet. Dem Mann war durch Schaben mit Feuersteinklingen ein Stück der Schädeldecke entfernt worden. Die verheilte Narbe zeigte, dass die Operation erfolgreich ausgegangen sein muß.
Einzelne Äxte und Beile aus Felsgestein sowie Beile, Pfeilspitzen und andere Kleingeräte aus Feuerstein wurden an verschiedenen Stellen des Potsdamer Stadtgebietes gefunden. Entweder waren sie von ihren Besitzern verloren worden oder es handelte sich um Gegenstände aus nicht als solche erkannten Bestattungen.
Bronzezeit (2.200 – 800 v. u. Z.)
Für die Jahrhunderte der jüngeren Bronzezeit, also ab 1.000 v. u. Z., gibt es Funde, die auf bronzezeitliche Siedlungen auf dem Potsdamer Stadtgebiet hinweisen.
Gefunden wurden sie an folgenden Orten:
Fundort | Fund | Bemerkungen |
Potsdam, Alter Markt (östliche Seite) | Grabfunde | 1 |
Potsdam, Burgstraße) | Siedlungsfunde | Kulturschichten, Pfostenspuren, Siedlungsabfälle |
Potsdam, Heilig-Geist-Straße | Siedlungsfunde | Kulturschichten, Pfostenspuren, Siedlungsabfälle |
Potsdam, Kleine Fischerstraße | Siedlungsfunde | Kulturschichten, Pfostenspuren, Siedlungsabfälle |
Potsdam, Havelgrund zw. Burgwall u. Eingang Stadtkanal | Bronzesichel, Axt u. Beil aus Felsgestein | 2 |
Potsdam, Türkstraße | Siedlungsfunde | Kulturschichten, Pfostenspuren, Siedlungsabfälle |
Potsdam, vor dem Berliner Tor | Grabanlage | 3 |
Potsdam, am Heiligen See | Urnen | 4 |
Potsdam, Untere Planitzinsel | Siedlungsfunde | 5 |
Potsdam, Havelgrund zw. Kiewitt u. Tornow | Schwert | 6 |
Potsdam, Auf dem Kiewitt | Siedlungsfunde | 7 |
Potsdam, Nähe Neues Palais | Urnen | 8 |
Potsdam, Nedlitzer Str. (Kasernengelände östl. d. Str.) | menschliches Skelett | 9 |
Babelsberg | Tüllenbeil | 10 |
Potsdam, Neuer Friedhof | Flachbeil | 11 |
Potsdam, Heidereiterweg | Siedlungsfunde | 12 |
Drewitz, Schäferfichten | Siedlungsfunde | 13 |
Drewitz, Neuer Friedhof | Siedlungsfunde | 14 |
Drewitz, Nuthetal | Siedlungsfunde | 15 |
Bornstedt | Siedlungsfunde | 16 |
Bornim, Am Heineberg | Grabanlage mit 200 Urnen | 17 |
Nedlitz, Am Weißen See | Siedlungsfunde | 18 |
Sacrow, Königswald | „Königswall“ | 19 |
Lehnitzseegrund b. d. „Römerschanze“ | Dolch | 20 |
Sacrow, Medehorn | Siedlungsfunde | 21 |
Im 18. Jahrhundert wurden Urnen in der Nähe des Neuen Palais, am Heiligen See und vor dem Berliner Tor gefunden. (Bemerkung 3, 4 und 8)
Die vor dem Berliner Tor gefundenen Urnen konnten 1903 einem damals freigelegten Urnenfeld zugeordnet werden. Neben einfachen Gräbern fand sich eine Grabanlage in Form einer großen schiffsförmigen Steinpackung von 2,70 m Länge und 1,60 m Breite. Sie enthielt eine Urne mit Deckschale, worin sich die verbranten Knochen des Toten befanden und zerschmolzene Bronzereste, vermutlich Schmuckgegenstände. Zwei weitere, erhalten gebliebene Beigefäße enthielten ursprünglich vermutlich Nahrung für die Reise ins Jenseits. Weitere Gefäße, von denen nur Scherben gefunden wurden, ergänzten die gefundene Grabausstattung.
An der östlichen Seite des Alten Marktes wurden Gräber gefunden, die als Beigaben bronzene Nadeln, Ringe und Spiralen enthielten. Ein jungbronzezeitliches Brandgrab wurde Opfer einer wesentlich später erfolgten Eintiefung für ein slawisches Körpergrab. (Bemerkung 1)
Durch tiefes Umgraben bzw. Pflügen (so genanntes Rigolen) wurden am Heineberg bei Bornim bereits vor 1910 mehr als 200 Urnen zerstört. Diese standen z.T. in Steinpackungen. Ebenfalls vernichtet wurde der aus Lehm und Steinen errichtete Verbrennungsplatz (Ustrine). (Bemerkung 17)
Ein in seiner Deutung umstrittener Fund stammt vom Kasernengelände östlich der Nedlitzer Straße. In einer brunnenähnlichen Anlage befand sich in schräger Bauchlage das Skelett eines Menschen mit je einem bronzenen Arm- und Fingerring geziert. Es wird davon ausgegangen, dass es sich um eine beim Wasserschöpfen verunglückte Person handelt, die in der dadurch verunreinigten Wasserstelle belassen wurde. Es könnte sich aber auch um das Opfer eines Überfalls handeln, das auf diese Weise beseitigt wurde. Nicht ausgeschlossen wird die Möglichkeit einer rituellen Opferung.
In der Jüngeren Bronzezeit (um 1.000 – 700 v. u. Z.) entstand das bekannteste archäologische Bodendenkmal, der „Königswall“ (auch als „Römerschanze“ bezeichnet) im Königswald bei Sacrow. Die mächtige Wallanlage am Ostufer des Lehnitzsees wurde aus Holz und Erde errichtet. Sie diente vermutlich als Sitz eines Stammesführers sowie zum Schutz und zur Kontrolle eines Übergangs über die Seenrinne in Form einer Furt oder Brücke. Sie könnte aber auch ein regionales Kultzentrum gewesen sein.
Eisenzeit (480 v. u. Z. – Ende 1. Jh. v. u. Z.)
Für die Eisenzeit gibt es eine geringe Zahl von Funden. Nur sechs Stellen erbrachten Scherben, die von Siedlungsplätzen der ältesten Germanen aus der vorrömischen Eisenzeit stammen können
Funde gab es an folgenden Orten:
Hinweis: Tabelle muss noch erstellt werden!!
Forschungsstand und Darstellungsgeschichte
Über die Zeit des Großen Kurfürsten hinaus fehlt es uns an jeglicher Kunde über die etwa in der Mark Brandenburg aufgefundenen Alterthümer heidnischer Vorzeit… (4)
Die Wissenschaft nahm nur dann Notiz von den, zumeist nur durch Zufall an den Tag gekommenen Überresten der Vorzeit, wenn man Gegenstände des classischen Alterthums gefunden zu haben wähnte; dahin rechnete man ohne Weiteres alle aufgefundenen Bronzesachen; nur diese Dinge erschienen würdig, den Antiquen-Cabinetten einverleibt und von den Gelehrten besprochen zu werden.
Für die Mark Brandenburg und insbesondere für den uns näher liegenden, enger begrenzten Zweck haben wir zweier Namen derselben Familie zu gedenken: des Gotthard und Gottlob Samuel Treuer, welche eine rühmliche Ausnahme von den der Römischen Classicität zugewandten Gelehrten dadurch machten, daß sie es nicht verschmähten, auch den unscheinbaren Alterthümern der heidnischen Bewohner dieser Lande Aufmerksamkeit zu widmen. (5)
Die erste schriftliche Information über die Entdeckung eines prähistorischen Bodenfundes liegt aus dem Jahr 1729 vor. Der Helmstädter Universitätsgelehrte Gottlieb Samuel Treuer wertete in seiner Publikation einen in der Nähe Potsdams entdeckten Bodenfund aus.
Während der baulichen Erweiterung Potsdams unter König Friedrich Wilhelm I. wurden im Verlauf der Baumaßnahmen unbewusst zahlreiche Bodendenkmäler zerstört. Im nordwestlichen Bereich der späteren Mopke, nahe der ehemaligen Orangerie des Neuen Palais, erfolgte die teilweise oberirdische Zerstörung eines großen steinzeitlichen Gräberfeldes, indem große Steine abgetragen und für den Straßenbau in der Stadt verwendet wurden.
Im August 1768 stießen Bauarbeiter bei Erdarbeiten am Neuen Palais auf eine große Zahl von Urnen. Nach vollendetem Bau des neuen Schlosses bey Potsdam hatten die Arbeiter zur Ausfüllung und Erhöhung des Hofes zwischen Schloß und Communs Erde hinter dem das Areal umgebenden Canal in der Nähe der Orangerie abgetragen.
Nach ersten unbewusst angerichteten Zerstörungen erfolgte eine systematische Erfassung und Auswertung der wertvollen Funde. Der Königlich Preußische Oberst Charles (Karl) Theophile Guichard, genannt Quintus Icilius, beschreibt einen Teil der Funde in einem an Christian Gottfried Eltester, Königl. Hofrat und Cammergerichtssekretär zu Berlin, gerichteten Brief vom 14. August 1768.
Ich habe ihnen hierin Nachricht zu geben, daß bei Grabung der Erde unweit des neuen Orangeriehauses die Arbeiter hier einige Entdeckungen gemacht, die zu mehrerem Nachdenken Anlaß geben könnten. Ungefehr anderthalb Fuß tief unter der Erde stießen sie bei dem Graben auf eine Menge von Todtentöpfen, von von verbrannten Gebeinen und Asche. Sie waren viel zu zerbrechlich und die Arbeiter zu unvorsichtig, als daß diese Urnen nicht meistens zerbrochen und in Stücken zum Vorschein gekommen wären. Die Anzahl dieser Töpfe mag sich wohl auf dreißig belaufen, und ich zweifle nicht, daß sie bei weiterem Graben sich in noch viel grösserer Menge zeigen werden. Die Gestalt dieser Urnen ist verschieden. Einige sind groß und haben in der grösten Weite bei andrethalb Fuß im Diameter, andere kleiner. Sie sind schwärzlich, theils graulich, ohne einigem Zierrath oder anderen Kennzeichen, wie gemeiniglich unsere alte teutsche Monumente. Doch habe ich ein kleines weisses Näpfgen mit einem zurück gebogenen Rand und zwei Henkeln wahrgenommen, welches vermuthlich ein Opfergefäß war. Wie ich nachgehends an dem ausgegrabenem Ort kam, fand ich hin und wieder platte Steine, worauf vermuthlich die Urnen gestanden haben, auch wie ich erfuhr, so waren selbige mit Steinen bedeckt gewesen. Doch habe ich nicht dergleichen große platte Steine gefunden, wie bei andern Grab- und Brennstätten der alten Teutschen: doch möchten sich dergleichen wohl noch zeigen. Der Ort eigentlich, wo dieses ausgegraben, ist nur ein sehr wenig erhabenes Erdreich, um welchem herum in einer kleinen Distanz theils Sandhügel, theils auch mit Bäumen bedeckte kleine Anhöhen sind, nicht weit von dem Dorfe Eiche, zwischen dieses Dorf und dem neuen Palais.
Nach einer ausführlichen Beschreibung des Aussehens der freigelegten Urnen und des in ihnen gefundenen Inhalts bittet Guichard den Königlichen Hofrat um dessen Meinung zu verschiedenen von ihm aufgestellten Überlegungen zur zeitlichen Einordnung derselben.
Wenn Ewr. Wohlgebohr. nähere Nachrichten von diesen Todtentöpfen verlangen, so bin ich bereit, Ihnen solche mit aller Aufmerksamkeit mitzutheilen; dagegen bitte ich mir ergebenst ihre Gedanken darüber aus. Dero seltene Gelehrsamkeit, die Kenntniß teutscher Alterthümer, und Dero Bemühung in dergleichen Vorwürfen, lassen mir alles mögliche Genugthuende von denenselben erwarten, wodurch Sie unter andern auch Sr. Königlichen Majest. einen nicht unangenehmen Gefallen erzeigen werden.
Bereits am 22. August 1768 hatte Eltester seine Antwort an Guichard verfasst.
Die gegenwärtige Entdekkung verdienet, daß derselben genauer nachgespürt werde, theils, ob ganze Gefässe aufbehalten werden können, theils, ob nicht auch andere Ueberbleibsel des Alterthums angetroffen werden mögten. Es will aber Behutsamkeit dabey gebrauchet werden, wenn die Gefässe wohl konservirt, und Aufmerksamkeit angeandt seyn, wenn von den beygelegten Stätten des Alterthums nichts verschüttet, zerbrochen oder übergangen werden soll.
Ich habe bemerket, daß die Grabtöpfe, so in der Alten-, Uker-, Neu- und Mittelmark, Priegnitz, dem Lebusischen Distrikt gefunden sind, in der struktur differiren, so, daß eine jede Nation etwas besonders unterscheidendes hierinn gehabt hat. Und da würde sich vielleicht zeigen: ob die Potsdamschen Gefässe den alten Deutschen oder den Venedis beyzumessen. Ich halte dafür, daß solche von der letztern Nation herrühren.
In der Potsdamschen Gegend müssen doch auch ohnfehlbar Tumuli, oder grosse Steine und Grabhügel von Steinen annoch vorhanden seyn. Es gebraucht etwas Mühe und Fleiß, solches auszuspüre. Die grossen Steine mögten wohl ziemlich fehlen, da man dergleichen vorlängst ausgegraben, entweder die Felder davon zu befreien, oder, daß man solche zu verschiedenem Gerauch nöthig gehabt hat. Durch die Ausgrabung dieser Steine aber ist vieles verdorben und verlohren gegangen: wenigstens sind die Grabstellen ihrer äusserlichen Merkmaale beraubet und unkennbar gemacht worden.
Durch einen preußischen Offizier um seine Meinung gebeten, schaltete sich auch der Inspektor der Kurfürstlichen Antikengalerie in Dresden, Wakker, in die Enträtselung der zeitlichen Herkunft der in Potsdam gefundenen Urnen ein. Am 14. Dezember 1768 teilt er per Brief mit:
In der Gegend von Berlin wohnten zuerst die Heruler oder Werlen, nach Gundlings Meynung, nach andern aber die Cherusker. Brandenburg war von Sueven bewohnt, welchen hernach die Vandalen, dann die Wenden, und endlich die Slaven in der Besitznehmung folgten. Von letztern sind die gefundenen Urnen, welche an Form den in Sachsen entdekten ähnlich sind, und welche ohngefähr vor dem Jahr Christi 925 verfertiget seyn mögen.
1780 nahm Johann Christoph Fuchs, Pagenhofmeister des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, eine ausführlichere Auswertung des umfangreichen Bodenfundes von 1768 vor.
Die überaus vielen Bruchstükke und Scherben, die sich unter den vielen noch unversehrten Urnen fanden, setzten es ausser Zweifel, daß eine noch viel grössere Menge dieser uralten Todtentöpfe hier vorhanden gewesen seyn muste, ehe man bey Wegführung der Steine, mit welchen sie, als mit Grabhügeln, bedekt waren, zum Pflaster der unter der vorigen Regierung, so ansehnlich erweiterten Stadt Potsdam, die gröste Anzahl dieser deutschen Alterthümer zertrümmerte.
Weiter teilt er mit:
Ausser diesen jetzt beschriebenen Urnen sind damahls noch sehr viel andere von den Arbeitsleuten, theils ganz, theils in Stükken gefunden worden. Eine ziemliche Anzahl derselben kann man in der Königl. Antiquen-Sammlung beym neuen Schlosse zu sehen bekommen: noch mehrere aber sind in fremde Hände gerathen. Viele sind so gar auswärts, und manche, ziemlich weit, verschikt worden.
Was das Alter der Urnen anbelangte, so geht Fuchs auf ein Gespräch ein, dass er Ende 1768 mit Guichard und Eltester hatte.
Alles, was ich bisher von diesen Urnen erzählt habe, …, wurde zu der ihm (Eltester), gleich bey der ersten Entdekkung, gegebenen schriftlichen Nachricht mündlich hinzugefügt, als ich einige Monathe nachher, nebst dem Herrn Obristen Quintus Icilius den Herrn Eltester selbst in Berlin zu sprechen Gelegenheit fand, der sich überdem schon einige von diesen Urnen zu verschafen gewust hatte. Der vornehmste Erfolg dieser Unterredung war die Wiederhohlung und Bestätigung des schon schriftlich gefällten vorläufigen Urtheils, daß alle beym Potsdamschen neuen Schlosse gefundene Urnen wenigstens tausend Jahr alt seyn müsten.
Erst im Jahr 1838 kehrt Leopold Freiherr von Ledebur, Direktor des Königlichen Museums vaterländischer Alterthümer im Schloss Monbijou zu Berlin, zu dem Thema zurück.
Der 18. Vortrag, der von Ledebur im 1862 gegründeten Verein für die Geschichte Potsdams gehalten wird, nimmt sich ebenfalls der rund um Potsdam gefundenen Bodendenkmale an.
Literaturübersicht (chronologisch)
- Cosmographia : Beschreibung aller Lender / durch Sebastianum Munsterum, in wölcher begriffen aller Völcker Herrschafften, Stetten … Härkommen, Sitten, Gebreüch …, fürnemlich teütscher Nation ; alles mit Figuren und schönen Landttafeln erklärt … durch gemelten Sebast. Munst. allenthalben fast seer gemeret und gebessert … Basel : Petri, 1545
- Treuer, Gotthilf: Kurze Beschreibung der Heidnischen Todten-Töpfe, in welchen die Heiden ihre verbrannten Todten überbliebene Gebein und Aschen aufgehoben, unter der Erde beygesetzet und bei den jetzigen Zeiten in der Chur- und Mark Brandenburg Hauffen weise ausgegraben werden, Nürnberg 1688
- Treuer, Gottlob Samuel: Anastasis veteris Germani Germaniaeque feminae cum integro vestitu comarentis quorum effgies rarissima in urna prope Bostampium cum aliis reliquiis hic exbitis inventa nunc ex antiquitatum Germanicarum penu uberius explicatur, Helmstadii 1729
- Beckmann, Johann Christoph / Beckmann, Bernhard Ludwig: Historische Beschreibung der der Chur- und Mark Brandenburg nach ihrem Ursprung, Einwohnern, natürlichen Beschaffenheiten, Gewässern, Landschaften… zsgetr. u. verf. v. J. C. Bekmann, fortgef. v. Bernhard Ludwig Bekmann, Berlin (Voss) 1751-53, Bd. I, S. 449
- Fuchs, Johann Christoph: Beschreibung einiger von denen bey Potsdam, hinter dem neuen Schlosse, im Jahre 1768 gefundenen Urnen. In: Neueste Mannigfaltigkeiten, 3. Jg. 1780, S. 3-8, 81-91, 449-463, 505-512
- (Oelrichs, J. K. K.): Marchia Brandenburgica gentilis: Verzeichniß des von dem Herrn Christian Gottfried Eltester nachgelassenen, sehr wichtigen Antiquitäten-Cabinets aus heydnischen Grabmälern, vorzüglich der Mark Brandenburg, so in steinern Wehr und Waffen, Opfermessern, Opfergeschirr, Urnen, Frauenzimmergeräthschaften etc. besteht und von Dr. Johann Karl Konrad Oelrichs, Kayserl. Hof- und Pfalzgrafen, in Ordnung gebracht, und mit einem historis. Vorbericht versehen ist : Berlin : bey Wever : 1783 (Rezension in: Allgemeine deutsche Bibliothek, 58. Bd., 1. St. : Berlin und Stettin : 1784, S. 281 – 283)
- Schreiben an den Verleger des historischen Portefeuille, von verschiedenen litterarischen und antiquarischen Gegenständen. In: Hausen, Carl Renatus: Historisches Portefeuille. Zur Kenntniss der gegenwärtigen und vergangenen Zeit, 4. Jg. 1. Bd., Wien-Breslau-Leipzig-Berlin-Hamburg 1785, S. 514 – 528
- Ledebur, Leopold Freiherr von: Das Königliche Museum vaterländischer Alterthümer im Schlosse Monbijou zu Berlin, Berlin (Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften) 1838, S. 89 – 92
- Ledebur, Leopold Freiherr von: Die heidnischen Alterthümer aus der Umgegend von Potsdam. In: MVGP. – 1 (1862-64) XXVIII.-S. 1-10
- Sello, Georg: Potsdam und Sans-Souci. Forschungen und Quellen zur Geschichte von Burg, Stadt und Park, Breslau 1888, S. 5
- Götze, A.: Flachgrab mit Tierbeigaben bei Potsdam. In: Nachrichten über deutsche Altertumskunde 15, 1904, S. 95 ff.
- Schuchardt, C.: Die Römerschanze bei Potsdam nach den Ausgrabungen 1908 und 1909. In: Praehistorische Zeitschrift 1, 1909, S. 209 -238
- Foerster, A.: Besuch der Roemerschanze bei Potsdam. In. Brandenburgia 20, 1911/12, S. 217 ff.
- Haeckel, Julius (Hrsg.): Geschichte der Stadt Potsdam, Potsdam (Verlag der Gropiusschen Hofbuchhandlung) 1912, S. 3-8
- An Potsdams Urzelle. In: Potsdamer Tageszeitung vom 5. Oktober 1921
- Hoffmann, Richard: Das Land um Nowawes. Entstehungsgeschichte des Nuthetals. In. Potsdamer Jahresschau – 1928. – S.. 22-27
- Hoffmann, Richard: Grabungen und Funde im Potsdamer Havelland. In: Nachrichtenblatt für Deutsche Vorzeit 6, 1930, S. 138
- Hoffmann, Richard: Grabungen und Funde im Potsdamer Havelland. In: Nachrichtenblatt für Deutsche Vorzeit 7, 1931, S. 206
- Hoffmann, Richard: Nuthemündung, Hakendamm und Burgwall Poztupimi. In: Potsdamer Tageszeitung vom 8. Mai 1931, Beilage: Havelländische Erzähler
- Bestehorn, Friedrich: Deutsche Urgeschichte der Insel Potsdam, Potsdam o. J. (1936)
- Hoffmann, Richard: Vor- und Frühgeschichtliches über Potsdam. In: MVGP. – N.F. 7,4 (1937). – S. 223-231
- Hoffmann, Richard: Ein tragischer Tod in der Quellzisterne. In. Germanenerbe 1939, S. 109 ff.
- Schott, L.: Über urgeschichtliche Funde auf dem Gelände des Neuen Palais (Potsdam-Sanssouci). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Potsdam, gesell- und sprachwissenschaftl. Reihe – 1 (1954/55), S. 49-62
- Kramer, S.: Ein Hortfund der frühen Eisenzeit aus Potsdam-Bornim. In: Ausgrabungen u. Funde. – 2 (1957). – S. 166-168
- Gramsch, B.: Mittelsteinzeit: Brandenburg. In: Ausgrabungen u. Funde. – 3 (1958). – S. 165-167
- Hermann, J.: Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle Groß-Berlins und des Bezirkes Potsdam. Handbuch vor- und frühgeschichtlicher Wall- und Wehranlagen. Teil II. Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 9, Berlin 1960, S. 182 f.
- Geisler, Horst: Neue neolithische Gräber aus dem Stadtgebiet von Potsdam. In: Ausgrabungen u. Funde. – 6 (1961). – S. 113-116
- Gramsch, B.: Ein Mittelsteinzeitlicher Fundplatz bei Bergholz-Rehbrücke, Kreis Potsdam-Land. In: Märkische Heimat, Sonderheft 2: Festschrift Richard Hoffmann, Potsdam 1961, S. 25-32
- Engelmann, Gerhard (Bearb.): Potsdam und seine Umgebung. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme, Berlin (Akademie-Verlag) 1969, S. 16
- Breddin, Rolf: Ein bronzezeitliches Steinpackungsgrab von Potsdam-Altstadtinsel. In: Ausgrabungen u. Funde. – 29 (1984)2. – S. 62-72
- Geisler, Horst: Zur Ur- und Frühgeschichte der Besiedlung des Potsdamer Raumes. In: Potsdamer Wanderführer, Potsdam 1987, S. 14-16
- Grebe, Klaus: Ausgrabungen am Alten Markt in Potsdam. In: Ausgrabungen u. Funde. – 36 (1991)2. – S. 86-91
- Geisler, Horst/Grebe, Klaus: POZTUPIMI – POTSTAMP – POTSDAM. Ergebnisse archäologischer Forschungen, Potsdam (Brandenburgisches Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte) 1993, S. 10-22
Anmerkungen
(1) Vgl. Geisler, Horst/Grebe, Klaus: POZTUPIMI – POTSTAMP – POTSDAM. Ergebnisse archäologischer Forschungen, Potsdam (Brandenburgisches Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte) 1993, S. 10
(2) Vgl. Weiße, Roland: Exkursionsrouten. In: Schroeder, J. H. (Hrsg.): Potsdam und Umgebung. Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg, Nr. 4, Berlin (Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e. V., Selbstverlag) 1997, S. 86
(3) Vgl. Geisler, Horst/Grebe, Klaus, a.a.O., S. 10 f.
(4) Ledebur, Leopold Freiherr von: Die heidnischen Alterthümer aus der Umgegend von Potsdam. In: MVGP. – 1 (1862-64) XXVIII.-S. 1
(5) Ebenda, S. 1 f.
© Dr. Volker Punzel, GeschichtsManufaktur Potsdam (22.08.2020)